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Christen im Nahen Osten

Persönliche Beziehungen, vielfältige Kontakte, aber auch die Enttäuschung darüber, dass das Leiden der Christen in islamischer Umwelt, speziell im Nahen Osten, in der bundesrepublikanischen bzw. allgemein – westlichen Medienwelt kaum eine Rolle spielt, ließ mich schon vor Jahrzehnten mein besonderes Thema in der Theologie und Kirchengeschichte/Ökumene finden.

Hinzu kommt, dass das Christentum in den Ländern des Nahen Ostens seinen Ursprung hat. Die erste Gemeinde wurde in Jerusalem gegründet. Von Antiochien, im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien gelegen, startete der Apostel Paulus seine Missionsreisen, in Alexandrien war die berühmte Theologenschule zu Hause, das Mönchtum entstand ebenfalls in Ägypten. Wer erinnert sich nicht an den Bischof Nikolaus aus Smyrna, dem heutigen Izmir. Ich gehe soweit zu behaupten, dass das Christentum ohne orientalische Lebens- und Denkensart nicht vorstellbar ist!

Warum nun die Beschäftigung mit den Christen im Nahen Osten. Sie leben seit Jahrhunderten in steter, oftmals auch blutiger Auseinandersetzung mit dem Islam. Welche Erfahrungen haben unsere Geschwister im Glauben gemacht? Wie behaupten sie sich in einer Umwelt, die ihnen wichtige Bürgerrechte wie freie Berufswahl und Religionsfreiheit vorenthält? Gehen wir gemeinsam auf eine Reise in Vergangenheit und Zukunft, wagen wir eine Diskussion anhand des momentan Gegenwärtigen.

Vieles werde ich aufgrund der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nur exemplarisch darstellen können. Vielleicht kann ein zweiter Abend weitere Fragen beantworten.

Die Urkirche:

Pfingsten gilt nicht nur als Tag der „Ausgießung des Heiligen Geistes“, sondern wird eben auch als „Geburtstag der Kirche“ gefeiert. In Jerusalem waren die Apostel zusammen. Aus dem Nichts wurde ein einfacher Fischer ein großer Prediger, sie sahen sich in der Lage, in allen Sprachen zu sprechen. Die „Frohe Botschaft“ wurde verstanden. Es muss ein großartiges Missionsfest in Jerusalem gewesen sein. Von Tausenden von Täuflingen ist da die Rede. Aufbruch, die Mächtigen fürchteten bald um ihren Einfluss. Verfolgung, Folter und Martyrium setzten bald ein. Bis heute eine fast alltägliche Erfahrungen der Christen des Orients.

Der geläuterte, bekehrte Verfolger Saulus wurde zum Paulus, nahm sich des arabischen Raums an, ging nach Kleinasien und Griechenland. Viele einst christliche Landstriche sind nun fast ausnahmslos muslimisch bestimmt.

Wie konnte das Christentum Fuß fassen? Exemplarisch möchte ich mich zunächst mit der bis heute faszinierenden Kirche von Ägypten und deren Anhängern, den Kopten, befassen!

Das Entstehen orientalischer Nationalkirchen am Beispiel der Koptisch – Orthodoxen Kirche von Ägypten:

"Die ägyptische oder koptisch-orthodoxe Kirche ist sicherlich eines der faszinierendsten Beispiele der christlichen Kirchen des Altertums, das uns durch eine Launenhaftigkeit der Geschichte überliefert wurde. "

So urteilt der Theologe Paul Veghese in seinem Buch „Koptisches Christentum“. Schon aus diesem Grunde erscheint es mir angebracht, die Geschichte dieser Kirche zu betrachten. Es ist eine spannende Geschichte, wechselhaft, dramatisch bis in die heutige Zeit hinein. Sie lässt den ökumenisch gesinnten Christen noch in unseren Tagen mit dieser Kirche leiden und hoffen. Der Tradition folgend wird der Heilige Markus von den Kopten als Gründer ihrer Kirche angesehen. Westliche Theologen rücken diese Ansicht in die Nähe einer Legende, in Ägypten selbst gehört sie zum lebendigen Glauben. Unbestritten bleibt, dass Ägypten, insbesondere Alexandrien, schon in apostolischer Zeit mit dem Christentum in Berührung gekommen sein muss, wahrscheinlich über die dortigen jüdischen Gemeinden. Mit Demetrius I (188/9 -231), nach koptischer Darstellung der 12. Patriarch, wird das Christentum in Ägypten endgültig greifbar. Zu dieser Zeit ist die kirchliche Hierarchie schon voll ausgebildet.

Die Christen in Ägypten, die in ihrer langen Geschichte, nie eine Ära längeren Friedens erlebten, mussten früh lernen, was es heißt, Verfolgung, Folter und schließlich das Martyrium zu erleiden. Unter Bezugnahme auf den Tod des Heiligen Markus sagt Paul Verghese: "Die Kirche von Alexandrien wurde somit im Blut der Märtyrer errichtet."^

Die Verfolgungen unter Septimius Severus (193 - 211), Decius (249 - 251), Valerian (252 - 260) und unter Diokletian (284 - 305) hinterließen ihre blutigen Spuren auch in Ägypten. Die Christenverfo1gung des Herrschers Diokletian haben die koptische Christenheit so nachhaltig geprägt, dass sie bis heute noch ihre Zeitrechnung mit seiner Thronbesteigung beginnen lässt (284 - A. M. = Anno Martyrum). Sein Nachfolger Maximinius Daja (305 - 313) führte die Schreckensherrschaft fort. Die in theologischen Diskussionen sich bald als führend erweisende Kirche von Alexandrien "war somit eine durch Feuer gereinigte Kirche“.

Exkurs „Altägyptische Religion “und „Koptisches Christentum“:

Bemühten sich die in Alexandrien ansässigen Kirchermänner auch, Heidentum, Mysterienkulte und Aberglauben auszurotten, so ist nicht zu leugnen, dass die alt ägyptische Religion dem neuen Glauben vielerlei Anknüpfungspunkte bot und ihm in gewisser Weise den Boden bereitete. Wie sonst ist es auch zu erklären, dass schon am Ende des dritten Jahrhunderts die Ägypter in ihrer großen Mehrheit für das Christentum gewonnen waren? Schon der schillernde Begriff der Ma'at (göttliche Ordnung), vielleicht am ehesten mit dem griechischen/logos zu vergleichen, weit über das hinausgehend, was unser „Wort“ wiedergeben kann, bot mannigfaltige Verbindungsmöglichkeiten. Jenseitige Gerichtsvorstellungen waren für den Ägypter nichts Neues. Der Monotheismus war zumindest vorbereitet in der Gestalt des Amun-Re.

Vorhandene Göttertriaden schärften den Sinn für trinitarische Vorstellungen. Vor allem das Bild Vater-Mutter-Sohn war weit verbreitet. Am bekanntesten dürfte folgendes Beispiel sein: Gott Osiris, seine Gemahlin, die Göttin Isis, und deren Sohn, der Gott Horus.

Die Reihe Amun-Re-Ptah findet fast eine Entsprechung in der christlichen Trinität.

Der Gott Amun ist der Allgott, Gott der Luft und des Windes (Geist). Der Gott Re ist der Urschöpfergott (Gottvater). Auch der Gott Ptah ist ein Schöpfergott, Bildner der Erde. Der Unterschied zwischen Re und Ptah ist vergleichbar der Darstellung in den beiden Schöpfungsberichten im Buch Genesis. Die Zeugung eines zukünftigen Pharaos wurde häufig ohne den irdischen Vater, nur unter Verwendung des Gottes Amun und der Königin dargestellt.

Die Väter aus der Wüste:

Möchte man ein Verdienst der koptischen Kirche neben der Theologenschule von Alexandrien besonders hervorheben, so handelt es sich dabei vor allem um die Entstehung des Mönchtums.

Das Christentum gewann im Laufe der Zeit an Macht und Einfluss. Nun gab es gerade in Ägypten, sicherlich nicht nur dort, eine Bewegung, der es um die Wiederherstellung eines in kompromissloser Radikalität gelebten Glaubens ging.

Es lässt sich kaum noch nachweisen, mit wem das Mönchtum seinen Anfang nahm. Der bedeutendste unter den Gründervätern war sicherlich Antonius (250 – 356). Eremitenkolonien prägten die erste Zeit mönchischen Lebens. Pachomius (290 – 346) schließlich wagte den Schritt von diesen unverbindlichen Gemeinschaften zu wirklichen Klöstern und hatte Erfolg. Er begann mit der Organisation des Klosterlebens, dem Koinobitentums (von griech. Koinos bios = gemeinschaftliches Leben). Regeln wurden aufgestellt. 11 Klöster entstanden unter seiner Führung.

In Schenute von Atripe (333/334 – 451 bzw. 466) erwuchs der Kirche von Ägypten eine geradezu legendäre Gestalt. Er machte sich einen Namen auf dem Konzil von Ephesus im Jahre 431. Als koptischer Schriftsteller ist er bis heute Pflichtlektüre, seine Predigten sind überliefert und werden geschätzt. Die koptische Nationalkirche ist ohne ihn nicht denkbar.

Ägypten im weiteren Verlauf:

Bis zum Arabersturm im 7. Jahrhundert regierten die Byzantiner über das Land, benahmen sich aber keineswegs wie Geschwister im Glauben, konfessionelle Streitigkeiten taten ein Übriges. Während der ersten arabischen Eroberungswelle wurden den Kopten viele von den Byzantinern vorenthaltene Rechte zurückgegeben. Der Friede hielt nur kurz an. Führungspositionen konnten fortan nur noch Araber islamischen Glaubens besetzen. Ägyptern, ausnahmslos Christen, war diese nur nach Übertritt zum Islam möglich.

Es kam zur Erhebung einer Kopfsteuer für Christen und Juden. Viele nicht standhafte Kopten verließen daher ihren alten christlichen Glauben und wurden Moslems.

Im 12. und 13. Jahrhundert konnte die christlich – arabische Literatur eine wahre Blüte erleben. In der Zeit von 1250 – 1517 mussten sich die Kopten durch einen besonderen Gürtel und die Juden durch einen gelben Turban kennzeichnen,

Es sollte noch schlimmer kommen. Die sich anschließende osmanische Herrschaft war auf Terror und Gewalt gegründet.

Wie es den Christen in Ägypten heute ergeht, soll einem späteren Kapitel vorbehalten bleiben.

Die Gegenwart:

Mit einer Situationsbeschreibung, anknüpfend an einen Bericht eines Beiruter Jesuitenpaters, stammend vom November des vergangenen Jahres, möchte ich versuchen, die immer bedrohlicher werdende Situation der Christen im Nahen Osten zu verdeutlichen.

«Die Situation der christlichen Kirchen ist schlimm - und sie wird immer schlimmer». Nicht nur weisen die Mitgliedszahlen aller Kirchen im Nahen Osten durch die Emigrationsbewegung seit Jahren eine rückläufige Tendenz auf, es komme auch noch eine verstärkte Unterdrückung und Schikanierung der Christen vor allem seit dem Irakkrieg hinzu. Als eine Ursache benannte Samir die pro-israelische Haltung einzelner christlicher Kirchen in Europa und Nordamerika sowohl während des Krieges als auch in der weiterhin andauernden Konfliktsituation: «Die Christen im Orient zahlen nun dafür», so der Jesuit, der zugleich aber auch seiner Hoffnung Ausdruck gab, dass es für die Christen doch noch eine gesicherte Zukunft geben werde.

Unter dem Stichwort «Re-Islamisierung» konkretisierte Pater Samir die Gefährdung der Kirchen: Was mit der Vision eines «erneuerten Islam» in den siebziger Jahren begann, habe sich mittlerweile zu einer von handfesten Machtinteressen gesteuerten Bewegung, dem «Islamismus», gewandelt. Arbeitswelt, Kultur und Gesellschaft - alles sei fest in muslimischer Hand und damit für Christen potenziell unzugänglich oder sogar gefährlich. Die Folge sei die zunehmende Schwächung der christlichen Kirchen durch verstärkte Emigration in die USA, nach Kanada und Australien.

Dennoch sei die Situation für die Christen nicht ausweglos, und es sei sogar unbedingt notwendig, dass die Kirchen im Nahen Osten weiterhin eine gewisse Rolle spielen, so Samir. Abgesehen davon, dass der Nahe Osten die Urheimat des Christentums sei, in der von den Evangelien bis zur Theologie und Kunst alles entstanden ist, was das Christentum ausmacht, hätten die Kirchen vor allem eine wichtige «Brückenfunktion». Das orientalische Christentum stehe immer zwischen zwei Welten: der östlichen und der westlichen, zwischen Judentum und Islam. So sei die christliche Identität der Kirchen im Orient niemals eine Identität gewesen, die sich auf Stärke und Macht gründen konnte, sondern immer eine «Identität einer be- und häufig auch getretenen Brücke». Dieses «Zwischendasein» beschreibe, so Pater Samir, am besten die Situation. Notwendig sei jedoch eine profilierte christliche Identität. Diese gelte es zu formulieren und auszubauen, jedoch nicht in bloßer Abgrenzung vom anderen, sondern im ökumenischen Bemühen, «die Wahrheit in Liebe zu suchen».

Im Irak haben die Bischöfe Angst vor der Zukunft:

So äußerte am 18. Dezember 2003 Bischof Schlemoun Wardouni, in Bagdad geboren, Chaldäer wie Abraham. “Wir haben Angst vor der Zukunft – wir fürchten die Fanatiker”

Die Bischof stellte fest, dass Fanatiker die Christen nicht mögen, weil sie angeblich mit dem Westen verbündet seien.

Seine Ansicht spiegelt die Einschätzung von Experten wider, dass irakische Muslime ihre christlichen Mitbürger, die weniger als fünf Prozent der 24-Millionen-Bevölkerung des Landes ausmachen, mit denjenigen identifizieren könnten, die auf den Feldzug des „Krieges gegen Terrorismus“ (“War Against Terrorism“) ausgezogen sind.

Bischof Wardouni machte geltend, „dass wir riesige Probleme wegen Treibstoff- und Strommangels haben“, und fügte hinzu: „Manchmal denken wir, dass die Dinge besser werden, manchmal sieht es aus, als ob die Dinge schlimmer würden“.

Bischöfe in der Türkei:

In der Türkei sieht es nicht besser aus. „Wir verurteilen den Terrorismus und möchten unserer Solidarität mit allen zum Ausdruck bringen und unseren Einsatz für die Harmonie zwischen den Religionen betonen“, so Bischof Ruggero Franceschini, der Vorsitzende der Türkischen Bischofskonferenz, im Gespräch mit der vatikanischen Agentur Fides nach den Attentaten in Istanbul.

Der Apostolische Vikar von Anatolien erklärt weiter: „Die Menschen sind verbittert und entmutigt und können nicht glauben, dass es sich bei den Anschlägen um das Werk Einheimischer handelt. Die Menschen verurteilen das Geschehene und vermuten, dass kleine Gruppen groß herauskommen wollen’ und damit in der Türkei Schaden verursachen“.

„Auch die Christen sind verängstigt“, betont Bischof Franceschini weiter, „In Anatolien (5.000 Katholiken) und in der gesamten Türkei befürchtet man, dass der Terrorismus sich ausbreiten könnte und auch andere Landesteile und nach den Juden auch andere Religionsgemeinschaften treffen wird. Es wird befürchtet, dass ein Krieg gegen nichtislamische Religionsgemeinschaften geführt werden soll und dass nach den Juden auch die Christen zum Ziel der Terroristen werden könnten“, sagt der Bischof.

Bischof Franceschini, der den Beitritt der Türkei zu Europäischen Union begrüßt, wünscht sich, dass „diese Attentate nicht dazu führen, dass die Türkei sich von Europa entfernt“. Er betont der Missionsagentur gegenüber: „Wir arbeiten dafür, dass es in der Türkei einen Islam gibt, der sein menschliches Antlitz zeigt: das kann nur durch Begegnung und gegenseitige Annahme geschehen“.

Immer mehr Verstöße gegen die Religionsfreiheit im Nahen Osten:

Aus einem Bericht der württembergischen evangelischen Landessynode: Christen in Ländern des Nahen Ostens werden immer mehr bedroht. "Um die Freiheit für Christen und Kirchen steht es in den meisten Ländern dort nicht gut", sagte der Theologische Dezernent, Oberkirchenrat Heiner Küenzlen, vor den Synodalen. Die Zahl der Christen schrumpfe seit Jahren "mit beängstigender Schnelligkeit", meldet auch der "Evangelische Pressedienst"

Das Parlament der Landeskirche lässt sich jedes Jahr über die Situation verfolgter Christen informieren. In diesem Jahr kam die Lage der Christen in Nahost zur Sprache, die Küenzlen zufolge durch mangelnde politische Stabilität, wirtschaftliche Verarmung ihrer Länder und besonders durch den zunehmenden Druck islamistischer Gruppen bedroht würden. Deshalb wanderten vor allem junge und gut ausgebildete Christen aus. Bereits heute lebten mehr syrisch orthodoxe Gläubige mit türkischer Staatsbürgerschaft in Deutschland als in ihrem Herkunftsgebiet. In Chile und Brasilien wohnten mehr Christen aus Bethlehem als in Bethlehem selbst.

Nach Küenzlens Ausführungen gebe es in fast allen Staaten eine zumindest schrittweise Rückkehr zum alten Scharia System. Islamistische Gruppierungen wollten mit Gewalt durchsetzen, was sie für islamisches Recht hielten. So existierten fast überall extreme Gruppen, welche die Todesstrafe für den "Abfall vom Islam" forderten. An verschiedenen Orten seien zum Christentum übergetretene Muslime von Nachbarn oder Familienangehörigen umgebracht worden.

Die Regierungen seien oft zu schwach, um sich gegen extreme Gruppen durchzusetzen, sagte Küenzlen weiter. Sie müssten Rücksicht auf die wachsenden islamistischen Strömungen nehmen. So werde etwa die Regierung in Pakistan in eine Richtung gedrängt, die das freie Auftreten von Christen immer schwieriger mache. Relativ gut sei deren Lage im Libanon und in Jordanien; im Irak müsse dagegen die weitere Entwicklung abgewartet werden. Die Gefahr dort sei für Christen aber jetzt wohl größer als unter der Regierung von Saddam Hussein, gab der Oberkirchenrat zu bedenken. Es müsse befürchtet werden, dass islamistische Gruppen künftig mehr Einfluss als bisher bekämen. Das gelte auch für den derzeit entstehenden palästinensischen Staat.

Christen in Ägypten unter Druck:

In Ägypten ist der Islam Staatsreligion. Die enormen sozialen Probleme und das Aufkommen der Islamisten in ihrem Gefolge haben dazu geführt, dass die Verfolgung aktiver Christen seit 1980 zunahm. Alte diskriminierende Gesetze wurden harsch angewendet und Kirchen abgerissen; der Neubau von Kirchen ist sehr schwierig. Bis zum letzten Jahr konnte nur der Staatspräsident persönlich Kirchenrenovationen bewilligen! Nun können auch einige seiner Berater die Unterschrift dafür geben. Der soziale Druck auf Christen, zum Islam überzutreten, ist mit materiellen Anreizen verbunden: Kopten werden nach eigenem Bekunden auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert. Christen gelangen kaum in einflussreiche Stellungen in Wirtschaft und Staat.

Gewaltausbrüche:

Vor allem im Süden Ägyptens, wo manche Dörfer koptisch geprägt sind, haben militante Muslime Christen mit Anschlägen und Drohungen eingeschüchtert. Vor bald drei Jahren kamen 21 Kopten und zwei Muslime im oberägypten Dorf el-Kusheh ums Leben, als eine Meinungsverschiedenheit zwischen einem koptischen Händler und einem muslimischen Kunden zu Racheaktionen führte. Im letzten Jahr kam es in einem anderen Dorf zu Streitigkeiten, die elf Verletzte forderten und die Behörden zu 50 Festnahmen veranlassten. Der Grund: Muslime beschwerten sich über ein zu lautes Glockengeläut.

Hoffnungsschimmer:

Weihnachten neuer national Feiertag in Ägypten

Kairo - Zum ersten Mal hat das Weihnachtsfest im modernen Ägypten als Feiertag gegolten. Präsident Mubarak hatte im Dezember den 7. Januar, an dem die Kopten, die Angehörigen der alten Großkirche, Weihnachten feiern, zum nationalen Feiertag erklärt. Bisher waren nur die Kopten von der Arbeit befreit, nun auch die große Mehrheit der Muslime. Das Echo auf Mubaraks Schritt war laut der Neuen Zürcher Zeitung zwiespältig. Sprecher der koptischen Gemeinschaft begrüßten den Schritt, doch sei er ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie fordern, endlich als vollwertige Bürger des Landes ernst genommen zu werden.

Ein prominenter Vertreter der Muslimbruderschaft dagegen fragte, warum es zu den 17 offiziellen Feiertagen in Ägypten noch einen Ruhetag brauche. Und eine islamistische Webseite schrieb, Mubarak habe das koptische Weihnachtsfest nur unter dem Druck der USA, die dem Land jedes Jahr Milliarden von Dollars an Hilfe gewähren, zum nationalen Feiertag gemacht. Die USA fordern von den Empfängerländern die Achtung der Rechte von Minderheiten.

Christliche Präsenz weckt Neugier:

Laut der NZZ kann der neue Feiertag dazu beitragen, dass junge Ägypter vermehrt ihrer Neugier nachgehen und auch einmal eine Kirche besuchen. Als der greise Patriarch Schenuda III in der grössten Kirche Kairos die Weihnachtsmesse las, waren Gamal Mubarak, der älteste Sohn des Staatspräsidenten, sowie einige Minister und Botschafter zugegen. Die dreistündige Messe wurde in der Kirchensprache Koptisch und Arabisch mit viel Weihrauch gefeiert. Das ägyptische Fernsehen übertrug sie bereits zum drittenmal.

Unsere Aufgabe:

Als Christen im noch sicheren Europa müssen wir unsere ökumenische Verantwortung für die bedrohten Schwester und Brüder erkennen, zugleich im eigenen Land nicht leichtfertig unsere Identität aufs Spiel setzen.

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