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Die Rolle des Trainers im modernen Fußball

Die Bundesligasaison 2003/04 überrascht einen jeden von uns. Mindestens drei Teams waren angetreten, um wie sie vollmundig meinten, die „dritte Kraft im deutschen Fußball“ zu werden. Wieder zu finden sind sie nach etlichen Spieltagen bestenfalls im Mittelfeld (Schalke 04), andere sind völlig abgestürzt (Hertha BSC, Hamburger SV) bzw. an ihren eigenen Ansprüchen kläglich gescheitert (1. FC Kaiserslautern). Hingegen machen ganz andere Teams von sich reden. Werder Bremen und Bayer Leverkusen sind neu erwacht und der als Eintagsfliege der vergangenen Saison gehandelte VfB Stuttgart ärgert nicht nur den FC Bayern sondern Manchester United. Derweil sucht man vergeblich nach der Stärke der vermeintlich „zweiten Kraft“, Borussia Dortmund.

So lässt sich in der Tat die Frage nach der „Rolle des Trainers“ stellen! Wer hat wo, was und wie zu sagen.

Besonders signifikante Beispiele im positiven wie auch im negativen habe ich mir heraus gegriffen, um an ihnen exemplarisch zu verdeutlichen, welche Wege eingeschlagen werden können, um Erfolg zu haben!

Beispiel Felix Magath

Völlig falsch lag Jens Todt, von 1999 bis 2003 beim VfB Stuttgart, jetzt als Scout bei Hertha BSC, der noch vor Beginn der Saison gegenüber dem Fachmagazin „kicker“ äußerte: „Es wird verdammt schwer, den Erfolg des Vorjahres zu wiederholen. Für mich wäre es schon ein Riesenerfolg, wenn sich der VfB dauerhaft im internationalen Geschäft etablieren könnte!“

Zumindest der Beginn in Bundesliga und Champions League straft den ehemaligen Profi Lügen. In Timo Hildebrand besitzen die Schwaben den Torhüter, in Kevin Kuranyi den Angreifer mit der größten Zukunft in Deutschland. Soldo und Vranjes spielen nicht erst seit dieser Saison zusammen, sondern konnten in der kroatischen Nationalmannschaft bereits gemeinsame Erfahrungen sammeln. Hleb ist die ideale Ergänzung im Mittelfeld. Die Abwehr hat über 800 Minuten keinen Gegentreffer zugelassen.

Magath hat nicht zügellos, aber sinnvoll die Mannschaft verstärken lassen. Er besitzt in Balakov einen Co – Trainer nach Maß. Nicht von außen aufgesetzt, sondern erkoren. Hinter Hildebrand ist Heinen mit 154 Bundesligaspielen und einem Alter von 33 Jahren die ideale Nummer 2, der 20 Jährige Benaglio die aufbaufähige Nummer 3. Horst Heldt erlebt im Stuttgarter Mittelfeld seinen zweiten Frühling und der ebenfalls noch junge Ungar Szebics bereichert die Mannschaft ungemein. Mit Christian Tiffert wartet ein Talent auf seinen endgültigen Durchbruch.

Felix Magath kann endlich, anders als in Hamburg und Frankfurt in Ruhe arbeiten! Das allerwichtigste dabei ist die Tatsache, dass sich in seiner Person zwei Funktionen vereinigen: Er ist Trainer und Teammanger! So besitzt er etliche Freiheiten, um die ihn manche „Übungsleiter“ der höchsten Spielklasse beneiden. Kein inkompetenter Vorstand, der permanent in die Aufstellung hineinredet, kein geltungssüchtiger Geschäftsmann, der sich anmaßt, das Team zuleiten.

Der Stuttgarter Coach hat nach langen Jahren es geschafft, den richtigen Draht zu Spielern und Vorstand zu finden. Es kommt ihm zu Gute, dass er national wie international erfolgreich gewesen ist. Magath besitzt endlich das nötige gesunde Selbstbewusstsein, um sich zu behaupten. Sein Verhalten beim Verhandlungspoker zahlt sich jetzt schon aus.

In Magath begegnet uns ein ehemaliger Bundesligaprofi, der weiß, was es heißt, als Spieler ganz oben zu stehen. Er hat es gelernt, sich zu verkaufen und möchte nicht allein, die Prügel für etwaigen Misserfolg einstecken!

Beispiel Matthias Sammer

Dynamo Dresden, VfB Stuttgart, Inter Mailand und Borussia Dortmund hießen die Stationen des in der DDR und in der Bundesrepublik zu internationalen Ehren gekommenen Spielers Matthias Sammer. So ist er bis zu diesem Punkt durchaus mit dem Spieler Felix Magath vergleichen. Beide waren in ihrer aktiven Zeit zudem technisch beschlagene Akteure. Sammer kam die gute Ausbildung in den DDR – Vereinen zu Gute. Es wurde stets Wert auf die Beidfüssigkeit der Spieler gelegt.

Nach seiner schweren Verletzung ist Matthias Sammer sofort als Trainer bei Borussia Dortmund eingestiegen. Für wenige Monate als Ko tätig, seit dem Jahre 2000 als Chef. Die Bilanz ist nicht zu verachten. Zwei dritte Plätze, eine Meisterschaft. Vergleicht man aber den Dortmunder Kader mit dem der Stuttgarter, kann der dritte Rang des Vorjahres – hinter dem VfB – nur als Enttäuschung gewertet werden. Zugleich hat das Ruhrpottteam die Qualifikation für die Champions League nicht geschafft, ist kläglich gescheitert.

National sicherlich eine feste Größe, lässt aber der große internationale Wurf, den man von einem solchen Team erwarten könnte, bisher auf sich erwarten. Da tummeln sich deutsche Nationalspieler wie Lehmann, Metzelder, Wörns, Frings, Kehl neben den Brasilianern Dede, Evanilson, Leandro, Amoroso und Ewerthon. Die tschechischen Superstars Rosicky und Koller dürfen ebenso wenig vergessen werden wie Ex – Internationalen Reuter, Ricken und Herrlich. Der hoch talentierte Senesie, 18 Jahre alt, wartet nur auf seine Chance.

Die Dortmunder müssten den Bayer nicht nur Paroli bieten, sie hätten vom eingespielten Kader her das Zeug, sie einzuholen!

Was ging schief?

Matthias Sammer ist es nicht gelungen, die Konflikte zwischen Brasilianern und Europäern zu beseitigen. Seine hoch talentierten Spieler agieren zuweilen als ein Team, dass Traumfußball zelebrieren kann, ganz anders als die biederen, aber erfolgreicheren Bayern aus München. Manchmal scheinen sie jedoch eher einem Hühnerhaufen zu gleichen, der vergeblich einen Hahn sucht.

Dem Trainer der Dortmunder Borussia fehlen einfach die Erfahrungen des Stuttgarter Coaches, der in Hamburg, Nürnberg, Bremen und Frankfurt manches Mal durch ein Feuerbad gehen musste.

Beispiel Klaus Augenthaler

In dem am 26.09. 1957 geborenen Ex – Bayern – Profi begegnet uns ein weiterer Trainer, der in dieser Saison für Furore sorgt. Die wahren Hintergründe der Trennung vom 1. FC Nürnberg bleiben weiterhin verborgen (gefeuert oder einvernehmlich?). Er aber hat Leverkusen gerettet und wieder an die Spitze der Liga geführt.

Als Spieler mehr als erfolgreich, niemand gewann bei den Bayern so viele Meistertitel, wurde Weltmeister etc. Mit seinen 404 Bundesligaspielen kann ihm niemand etwas vormachen.

Aber auch er wagte nicht sofort den Sprung in einen Spitzenklub. Als A – Jugend- und Ko - Trainer bei den Bayern sowie als Coach in Österreich (Grazer AK) verdiente sich Augenthaler seine ersten Sporen. Mit dem 1. FC Nürnberg schaffte er den Aufstieg.

Mit eiserner Hand, aber auch dem nötigen Fingerspitzengefühl dirigiert er einen Klub, der ebenso wie Dortmund über Stars und ähnlich wie Stuttgart über viele Talente verfügt. Nach einem Jahr des Umbruches – Ballack und Ze Roberto hatten Leverkusen verlassen – konsolidiert sich die Mannschaft endlich wieder, die Rollen sind neu verteilt und die alten Haudegen finden zu ihrer Form zurück. Großartige Neuzugänge, weitere „Stars“ sucht man vergeblich!

Fazit

Die Beispiele zeigen, dass der Trainer eines Spitzenklubs bzw. eines Vereins mit entsprechenden Ansprüchen Erfahrung mitbringen muss.

In vielen Entscheidungen muss er, wie der Fall „Magath“ zeigt, Freiheiten besitzen, die über das bisher gekannte Maß hinausgehen. Das setzt natürlich voraus, dass der Trainer nicht nur als „Übungsleiter“ fungiert, sondern auch entsprechende Kompetenzen mitbringt bzw. sich erarbeitet.

Britische Profi – Klubs arbeiten seit langem auf dieser Basis und können entsprechende Erfolge vorweisen.

Erko Sturm

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